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Richtig, wir haben Australien verlassen – für ein paar Stunden. So sehen es jedenfalls HRH (HRH = His Royal Highness) Prince Leopold und sein Sohn und Nachfolger HRH Prince Graeme, Fürsten des Mikrostaates Hutt River Province im Südwesten Australiens. 

Ende der 1960er Jahre kam es in Westaustralien zum Streit um Abnahmequoten von Weizen zwischen der Regierung und den Farmern, da das Parlament beschloss innerhalb kürzester Zeit die Mengen drastisch zu reduzieren. Für Leopold Casley hätte das den Ruin bedeutet. Daher beschloss er gegen die Entscheidung auf dem Klageweg vorzugehen. Die damalige Gesetzeslage hätte ihm Recht geben müssen, das Parlament jedoch überstimmte die Einwände. Leopold Casley entschloss sich zu einem ungewöhnlichen Schritt. Er gründete das 75 km2 große Fürstentum Hutt River und verkündete im April 1970 die staatliche Loslösung von Australien. Die genaue Kenntnis britischer und internationaler Gesetze sowie von Lücken im australischen Gesetzbuch versetzte ihn in die Lage das zu tun. Australien und die meisten Länder der Erde haben den Staat nicht anerkannt. Australien hat die etwas über 20 Bewohner von Hutt River jedoch ausgebürgert und Steuerfreiheit gewährt, was einer indirekten Anerkennung gleichkam. Die Prozesse gingen allerdings bis heute weiter und es scheint steuerlich jetzt eng zu werden.

Bei unserer Einreise wurden wir sehr herzlich von HRH Prince Graeme begrüßt, der uns über die Geschichte informierte, durch die Staatsgebäude, Post- und Passgebäude, Amtssitz von Prince Leopold, kleine Kirche aller christlichen Konfessionen führte und uns HRH Prince Leopold, einem sehr freundlichen und rüstigen alten Herrn (92 J.) vorstellte. Der zeigte uns Pässe von Hutt River, von der EU als Fantasiepässe bezeichnet, und Sammelstücke aus 47 Jahren Eigenstaatlichkeit. Der Nichtanerkennung zum Trotz gibt es eine Flagge, eine Nationalhymne („It’s a hard land“), eine eigene Währung, den Hutt River Dollar, eigene Briefmarken und seit der Übernahme durch Prince Graeme einen staatlichen Entwicklungsplan.

Neben den dort wohnenden Staatsbürgern gibt es weltweit um die 20000 nicht ortsansässige Staatsbürger, die Vertretungen in anderen Ländern organisieren, einen Hutt River Cricket Club gegründet haben und die Hutt River Artillerie und Marine bilden, in Reserve versteht sich. Die meisten sind möglicherweise Fans einer schrulligen, trotzigen Idee und der konsequenten Umsetzung inklusive Selbstinszenierung. Nach einer Tour durch die Hauptstadt Nain, einem Kaffee und einem philosophisch interessanten zweiten Gespräch mit HRH Prince Graeme über Gott und die Welt fuhren wir nach Australien zurück und setzten unseren Weg nach Süden fort.

Da leider von den australischen Behörden unsere Ausreise nach Hutt River nicht anerkannt wird, werden wir also weiterhin planmäßig Australien am 14. November mit dem Auslaufen unseres Visums verlassen.

Bis dahin, allzeit gute Reise!
Euer