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Die wohl berühmteste gravel road Australiens ist vermutlich die Gibb River Road – die berühmteste sealed road ist wohl die Great Ocean Road. Die Gibb River Road führt auf knapp 800 km quer durch die Kimberley, eine Region, die hier als remote bezeichnet wird. Während unserer Recherchen zur Region und der Strasse sind wir auf polarisierende Aussagen wie noch nie zuvor gestoßen. Zwischen „Its not worth to do it.“ und „Do it! The best i‘ve ever done!“ mussten wir uns nun entscheiden: The Gibb oder Great Northern Highway?

The Gibb – „Its not worth to do it.“

Lange waren wir uns unsicher, ob wir diese Straße fahren wollten oder nicht: die Straße war aufgrund der jahreszeitüblichen Überschwemmungen der wet season lange Zeit in diesem Jahr gesperrt – länger als sonst, da in diesem Jahr die Regenfälle heftiger waren und dann auch noch Zyklon Ellie über die Westküste fegte; dann ist der Zustand der Straße  ein zu bedenkender Einwand – corrugations, rocks, boulders, wash outs und water crossings unbekannter Tiefe; zu touristisch; viele Kilometer zwischen den eigentlichen Attraktionen; das Hauptmerkmal sind Schluchten – haben wir die nicht schon im Karijini Nationalpark unschlagbar schön erlebt?; dann verpassen wir ja die Highlights des Great Northern Highways, wie die Mimbi Caves, Tunnel Creek und den Purnululu Nationalpark; und dann wollen wir ja auch noch den Truck in Darwin verkaufen und dort in einem guten Zustand abliefern. Nun gut, es gibt einen Artikel, also: „We did it!“ and „We – and the truck – survived The Gibb!“

Oft übertreiben die Australier gerne, was Reiseberichte angeht. Autos und Menschen werden an die möglichsten und unmöglichsten Orte gebracht. Und man erzählt sich dann die Heldentaten am abendlichen Campfeuer, Holz natürlich selber gesammelt und gesägt. Oft sind die Gegebenheiten nicht so dramatisch, wie geschildert. Hier ist es einmal anders. Die Gibb River Road ist in der Tat keine Wohlfühlstraße, sie ist corrugiert, zum Teil sehr heftig, dann sind die corrugations -Bodenwellen wie bei Wellblech – statt 10-15 cm gute 25 cm hoch, sie ist stellenweise rocky, bis zu kindskopfgroße Steine liegen auf der Straße, noch fieser sind aber die kleineren Steine mit scharfen Kanten und spitzen, die Reifen „punktieren“ können, also schöne Löcher hinterlassen oder den Reifen in Gänze aufreißen können. Die Flussdurchquerungen sind weniger aufgrund der Wassertiefe ein Problem, sondern wegen der Unübersichtlichkeit des Untergrunds. Schlaglöcher in Schlammlöchern oder große Steine – boulder – gepaart mit kleinen scharfen Steinen. Das ganze macht die Fahrt heiß und staubig, unruhig – ständig wird man durchgeschüttelt, laut – alles rappelt und klappert, und anstrengend, da man hoch konzentriert fahren muss, um die jeweils beste Spur zu finden.

So, habe ich euch jetzt so richtig Lust gemacht auf die Entdeckung dieses Teils Australiens? Dann kommen jetzt die Gründe, warum es sich dennoch lohnt.

The Gibb –  „Do it! The best i‘ve ever done!“

Die Gibb River Road ist ein Scenic Tourist Drive, den man entweder von Derby Richtung Kununura/Wyndham oder andersherum fährt. Und die Aussichten, die man auf dem Weg präsentiert bekommt, sind wirklich unglaublich sehenswert – immer wieder eröffnen sich Ausblicke auf die Bergketten der Kimberley. Aber das alleine macht die Fahrt noch nicht aus. Das besondere Merkmal der Gibb sind Schluchten – im Unterschied zum Karijini Nationalpark mit Wasserfällen und Stations als Zeugen des pastoral life.

Derby

Silent Grove/ Bell Gorge

Manning Gorge

Bindoola Falls

Die Stations sind zum Teil noch arbeitende Rinderzuchtbetriebe, wie die Ellenbrae Station und die Home Valley Station, die ihre Homesteads zusätzlich für den Tourismus geöffnet haben. So gibt es auf der Ellenbrae Station, neben Übernachtungsmöglichkeiten und verwunschenen Wasserlöchern zum Baden, die Tradition Scones zu backen. Das zieht so viele Touristen auf die Rumpelstrecke zum Homestead, dass in der letzten Touristensaison (dry season) ca. 22 000 Scones gebacken wurden. Am neuen Rekord für dieses Jahr haben wir fleißig mitgearbeitet. Die Scones sind so lecker, dass wir an zwei Tagen hintereinander welche zum Lunch verspeist haben, typisch britisch zum 5 Uhr Tee geht hier beim Camping nicht, da momentan bereits wenige Minuten nach 17 Uhr Sonnenuntergang ist und die Nacht über den Campground fällt und die wesentlichen Tätigkeiten dann abgeschlossen sein sollten. Zudem überraschte uns ein wüstentypisches Wetter auf der Gibb mit Abendtemperaturen unter 20°C und mit Nachttemperaturen um die 5°C – warm einpacken und frühzeitig schlafen war angesagt.

Ellenbrae Station

Home Valley Station

Die Besitzer der El Questro Station haben Anfang der 90er das unglaubliche Naturpotenzial ihrer Station für den Tourismus entdeckt und alle Rinder verkauft und das Gelände – wir reden hier von mehreren tausend km2 – für den Tourismus umgebaut. Vom Luxussegment mit einer Homesteadübernachtung für 3000 Dollar, Helikopterflug und privatem exklusivem Zugang zu den Zeebedee-Hotsprings bis hin zu einfachen unpowered sites mit self drive und Hiking in die Schluchten und auf die Berge ist alles dabei. Jeder darf mit einem Tageseintrittspass auch ohne Übernachtung die Naturwunder der Station erkunden. Wir haben uns für eine Wanderung durch verschiedene Landschaftszonen in die Emma Gorge hinein entschieden. Am Ende warten mehrere Rockpools zur Erfrischung. In den Hauptpool am Ende der Gorge fällt ein 40 m hoher Wasserfall. Durch den Fall und die schattige Lage ist das Wasser eiskalt. Aufwärmen kann man sich am Ende auf der anderen Seite des Pools, dort hinein fließt eine Thermalquelle. Schwimmend merkt man, dass das Wasser immer wärmer wird.

Wir haben das Ende unserer Gibb River Reise in Wyndham gesetzt, da wir hier noch nicht waren. Wyndham ist eine Hafenstadt, in der früher das Vieh der Kimberley in der Meat Factory verarbeitet und verschifft wurde. Heute gibt es für die Farmer dank des Strassenausbaus und der Road Trains andere Vertriebswege, sodass der Hauptgrund um nach Wyndham zu fahren der 5 River Lookout ist. Hier fließen der Ord River, King River, Pentecoast River, Forest River und Durack River zusammen ins Meer. Ob es der beste Aussichtspunkt der Welt ist, wie eine Besucherin bemerkte, wissen wir nicht. Aber es ist auf alle Fälle eine grandiose Aus- und Weitsicht in den fast menschenleeren Norden von Westaustralien.

Da wir schon viel gesehen und erkundet, aber doch auch einiges ausgelassen haben, planen wir möglicherweise in den nächsten Sommerferien für eine Kimberley-Pilbara-Tour wiederzukommen und uns dann an der Gibb zusätzlich das Mitchell Plateau mit den Mitchell Falls am Ende einiger herausfordernder Tracks vorzunehmen.

Unsere 10 Tipps um die GRR zu fahren:

  1. Fahre das richtige Auto (4WD mit high clearance) und neuen Reifen (schwierig bei Mietautos zu bestimmen), dann aber mindestens 2 Ersatzreifen.
  2. Drive to Conditions! Ja, man kann die Gibb in einem Tag fahren, man kann auch 110 km/h fahren. Das aber stresst das Material und die Insassen bekommen von der Umgebung nichts mit. Wir sind je nach Verhältnissen zwischen Schrittgeschwindigkeit (Flussdurchquerungen und große lose Steine), 40 km/h (Rocks, Boudlers) und 60-80 km/h (Corrugations) gefahren.
  3. Plane genug Zeit für Aktivitäten ein! Der Tag endet in der dry season zwischen 17 und 18 Uhr, dann ist es dunkel.
  4. Um alles, inklusive das Mitchell Plateau, in Ruhe zu erkunden, braucht man 14-20 Tage.
  5. Zur Erkundung der Schluchten – Bell, Manning Gorge -, inklusive Badestop lohnt sich jeweils ein ganzer Tag. Zwei Übernachtungen sind also an den nahen Campgrounds sehr sinnvoll.
  6. Auf den Homesteads – Ellenbrae und Home Valley Station – loht sich eine Übernachtung, mit Ausnahme der El Questro Station, da von hier aus der Zugang zu mehreren Schluchten möglich ist.
  7. Die Scones auf der Ellenbrae Station sind ein Muss!
  8. In der Hauptsaison empfiehlt es sich die Campgrounds vorzubuchen.
  9. Die berühmte Pentecost River Crossing ist tidenabhängig, zudem kommt es auf den Flow und nicht unbedingt auf die Tiefe an.
  10. Wir empfehlen Wyndham statt Kununurra als Endpunkt, aufgrund der phantastischen Aussicht vom Five River Lookout und El Grotto.

Allzeit gute Reise!