80 Mile Beach – beach and nothing else
Wer beim 80 Mile Beach an Baden und grenzenlosen Wassersport denkt, liegt leider falsch. So verlockend es sich anhört an einem der größten Strände der Welt zu landen, muss sich damit abfinden, dass dieser Strand nur etwas für passionierte Strandläufer, Muschelsammler, „In-die-Ferne-gucker“, Sonnenuntergangsfreaks und Angler ist. Das Wasser ist über Kilometer nämlich nur Knietief, man müsste also sehr weit hinauflaufen um überhaupt zu schwimmen und dann würde man Sägefischen, Haien, Stachelrochen und Seewespen begegnen.
Der 80 Mile Beach besteht aus einer Düne, hinter der ein Caravanpark liegt, von dem aus man Zugang zum Strand hat – der Highway sieht auf einer Karte zwar wie eine Küstenstrasse aus, verläuft aber gut 20 km entfernt. Die Chefs des Parks sind in ihrer Seele mindestens deutsche Kleingärtner, nirgendwo sonst habe ich so ausgiebig gewässerte und akkurat geschnittene Hecken gesehen wie hier, dazu gab es noch einen Gemüsegarten für die Kaninchen – welch Hohn, denn hier endet/beginnt der 1600 km lange Kaninchenabwehrzaun quer durch West Australien – und das alles mitten in der Great Sandy Dessert.
Nachdem wir am Morgen also ausgiebig auf das Wasser und den Anglern zugeschaut haben, die hier bei High Tide ihre Leinen auswerfen, sind wir dann am Nachmittag gut zwei Stunden am Strand entlang gewandert – all zu weit kommt man dann allerdings nicht, wenn man die bei Niedrigwasser freigelegten Muscheln betrachtet und eine schöner als die Nächste findet. Wir haben eine riesige Ausbeute, hoffentlich geht alles durch den Zoll, für manche Muscheln gibt es nämlich Sammelhöchstgrenzen (10 Stück pro Sorte und Person). Dem Sonnenuntergang liegt hier ein eigener Zauber inne, bei Ebbe spiegelt sich die Sonne und der gefärbte Himmel im Watt, so entstehen die bezaubernden „Staircase to the Sun“, wie Ulli sie nach ihrem großen Vorbild den Staircase to the Moon getauft hat.
Port Hedland – Industriestadt im Norden der Pilbara
Port Hedland wurde durch unseren Reiseführer nicht gerade angepriesen, umso überraschter waren wir vom Charme dieser Industriestadt – vielleicht liegt das aber auch nur an meinem Beruf und meiner Begeisterungsfähigkeit, die dann auf Ulli abfärbt. Jedenfalls erwarteten einen am Eingang zur Stadt direkt riesige Salzberge aus der Rio Tinto Saline, gegenüber fährt ein nicht enden wollender Zug – mittlerweile wissen wir, dass diese Züge 2,5 km lang sind-, der Eisenerz geladen hat, welches im Hafen auf Schiffe verladen wird um Richtung Asien verschifft zu werden. Am Hafen kann man diese riesigen Schiffe, die nur bei Hochwasser einfahren können, bei der Einfahrt beobachten. Am Abend gönnten wir uns einen Aussie Burger im Silver Star – einem Originalaussichtsabteil des amerikanischen Silver Star Zuges der 1930er Jahre. Überhaupt entwickeln Industriestädte am Abend mit ihren Lichtern und erleuchteten Anlagen ihren ganz eigenen Charme. Zu den dumpfen Geräuschen der fahrenden Züge sind wir dann in unsere Betten gekrochen und haben unsere erste kalte Nacht verbracht – ein kleiner Vorgeschmack auf Karijini.
Karijini Nationalpark – Hochebene mit tiefen Schluchten
Nachdem man die wirklich grauenhaft zu fahrende Strecke zwischen Port Hedland und dem Auski Roadhouse absolviert hat – alle 10 Sekunden begegnet man einem Roadtrain oder hat einen vor der Nase, dazu ist das Auski Roadhouse das trostloseste Fleckchen Australiens, dass wir bisher gesehen haben -, wird man durch die Farben und die hügelige Landschaft des Pilbaraplateaus im Karijini Nationalpark entschädigt. Dunkles Rostrot gepaart mit Grüntönen, die schon fast ins Türkis übergehen. Von diesem Plateau aus vermutet man nicht, welche Schönheiten sich in den Schluchten verbergen, die sich fast unvermittelt öffnen. Wir sind über den Fortescue Fall in die Dales Gorge abgestiegen und auf einem abenteuerlichen Weg zum Circular Pool am anderen Ende der Schlucht gewandert: Mal muss man Wasserläufe überqueren oder sich am Schluchtrand entlanghangeln, mal durchquert man oasengleiche Wälder mit einem schilfbewachsenen Bachlauf, mal erklimmt man die Steinstufen, die sich über 2 Mrd. Jahre aus dem harten eisenhaltigen Gestein ausgeformt haben. Belohnt wird man bei dieser Kraxelei am Ende mit einem kühlen Bad im glasklaren Circular Pool. In die Schlucht der Joffre Falls haben wir nur einen Blick vom Lookout genommen, der Abstieg schien uns mit Baby auf dem Rücken etwas gewagt, zudem waren für die zweite Nacht die Campingplätze im Park ausgebucht, sodass wir in die Minenstadt Tom Price durchgestartet sind.
Von Tom Price aus, haben wir dann beschlossen nicht in zwei knapp 500 km Etappen nach Exmouth zu fahren, sondern der Rückweg über den Karijini Nationalpark anzutreten und den North West Costal Highway über Karratha nach Exmouth zu fahren. Zwar liegen auch hier große Distanzen zwischen den einzelnen Städtchen, aber zumindest übernachten wir an schönen Plätzen und nicht an einem Rest Area oder Roadhouse. Soweit der Plan. Bis heute – wir sitzen in Point Samson mit Blick aufs Meer – ist der Plan aufgegangen.
Dieser Plan führte uns auch eine weitere Nacht in den Karijini Nationalpark, den Dales Campground kannten wir schon – ein einfacher Stellplatz direkt erster Reihe unter der Milchstrasse und nur mit Aussie Long Drop Toiletten ausgestattet. Allerdings hatte sich über das Wochenende – Feiertag plus Schulferien – der Andrang auf den Park so erhöht, dass auch dieser Campingplatz nun voll war. Dafür öffneten die sehr bemühten und besorgten Ranger einen Overflowcampingplatz – gleiche Ausstattung, nur ohne Bezahlung, das soll man verstehen. Nun gut, Noah hat hier direkt mal von den Nachbarn erst Melone und am Abend von einem netten Renterehepaar noch frisch gekochtes Apfelkompott abgestaubt. Das gab es dann heute morgen in den Haferbrei. Gut gestärkt haben wir noch eine ausstehende Wanderung zum Fern Pool in der Dales Gorge unternommen und anstatt (eh nicht vorhandener) Dusche hier im sanften Wasser gebadet. Schön erfrischt ging es dann auf, über die Gruselstrecke zwischen Auski Roadhouse und Port Hedland, Richtung North West Costal Highway und Richtung Point Samson.
Tom Price – Eisenerzabbau am Rande des Nationalpark
Ein Glück, dass wir schon am Sonntag Abend in Tom Price waren, so haben wir am Montag Morgen an der Tour durch die Rio Tinto Eisenerzmine teilnehmen können. Ich wollte endlich mal so richtig schwere Fahrzeuge bei der Arbeit sehen. Hier kommt was für Statistikfans: Die Trucks, die das Eisenerz aus der Mine abtransportieren sind 5,20 Meter hoch und kosten 4,5 Mio. AUD, ein Reifen hat einen Durchmesser von 3 Metern und kostet alleine 42 000 AUD, die Ladekapazität beträgt 240 Tonnen und dafür verbrennt der Truck bei 2500 PS schlappe 4500 l Diesel in nur einer Schicht. Alle Minenfahrzeuge zusammen verbrauchen 1 Mio. Liter Diesel pro Woche – Dieselskandal?!
Nun gut, zurück zum Anfang, warum wird gerade hier Eisenerz abgebaut? Zwischen den beiden Urkontinenten Pilbara und Yilgarn befand sich ein Ozean, in dem sich sehr eisenhaltiges Sediment abgelagert hat. Die beiden Kontinente kollidierten vor ca. 2,5 Mrd. Jahren, der Ozean verschwand und das Pilbaraplateau formte sich. Die eisenhaltigen Sedimente verrosten bei Sauerstoffkontakt, sodass man auch sagen könnte die Berge rosten vor sich hin – daher die schön anzuschauende Farbe. 1966 fand man heraus, dass die banded iron formations (Bändereisenerzvorkommen) sehr reines Eisenerz hoher Qualität enthalten und so entstand in Tom Price, dass erst im Zuge der Erschließung entstand, die Mine, in der seit nun 50 Jahren Eisenerz gefördert wird und mit Zügen nach Dampier transportiert und von hier aus nach Asien verschifft wird. Heute Abend vom Point Samson müssten wir diese Ozeanriesen eigentlich sehen können, bis jetzt hat sich aber noch keiner gezeigt.
Wir warten, allen anderen: Allzeit gute Reise!
Eure