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„Burra Burra“ oder Schafhirten entdecken Kupfervorkommen rund um eine Wasserstelle bei Burra, deren Namen auf afghanische Kameltreiber zurückgeht

In dieser Überschrift steckt soviel unverständliches wie reale Geschichte Australiens. Lasst es uns erzählen….

Gut ausgerüstet starten wir in Richtung Flinders Range. Die Distanzen sind jeweils so groß, dass man ein solches Ziel in mehreren Tagen planen sollte. Unser erster Stop war dann auch in Burra, einer ehemaligen Minenstadt am Burra Creek. Der Name stammt ursprünglich von afghanischen Kameltreibern – die vor dem Bau der Eisenbahnstrecke des „alten Ghan“ Waren quer in und durch das Red Centre transportierten – , die beim Anblick des Wassers „Burra Burra“ ausgerufen haben sollen,  was soviel heißen soll wie „Großartig, Großartig“. Schafhirten nutzen die Wasserstellen am Burra Creek ebenfalls um die Herden zu tränken, dabei entdeckten sie 1845 Kupfer an zwei Stellen am Burra Creek. Die Aufarbeitung der Geschichte erfolgt heute in Form eines Heritage Trails, eines großen Outdoormuseums. So konnte man sich an der Stadtinformation mit dem Burra Passport einen Schlüssel holen und dann mit seinem eigenen Auto durch einen Teil des ehemaligen Minengeländes fahren und durch verschiedene historische Gebäude laufen, die man sich zunächst selbst aufschließen musste. Dazu gehörte unter anderem das Pumpenhaus der Mine und das örtliche Gefängnis, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Erziehungsanstalt für Mädchen wurde. Genau entstand zwischen 1845 und 1851 eine Monster Mine (Größe: 4 mal 8 Meilen, also ungefähr 6 mal 13 km), die zwischen den NOBS – Spitzname der Princess Royal Mining Company, bestehend aus Kapitalisten und Hirten – und den SNOBS – Spitzname der South Australien Mining Association, bestehend aus Ladenbesitzern und Kaufleuten –  aufgeteilt war. Die Princess Mine im Süden war allerdings nicht sehr ertragreich und wurde 1851 schon wieder geschlossen, während die Burra Burra Mine im Norden eine der größten Kupferminen der Welt wurde und mehr als 1000 Arbeiter, die Meisten unter ihnen aus Cornwall, beschäftigte. So kam auch die gesamte Über- und Untertagetechnik wie Pumpen, Winden, Maschinenhäuser aus Cornwall. Zunächst wurde das Kupfer mit Stierwagen nach Adelaide transportiert und dann nach Cornwall verschifft um dort veredelt zu werden. Ab 1849 wurden Schmelzer aus Cornwall nach Burra gebracht um die Transportkosten zu sparen. Davon zeugen noch Ortsnamen wie Llwchwr in dieser Gegend. Ab da wurden 600 Tonnen Holz für die Kufperschmelze wöchentlich (!) gebraucht, was allerdings zu einer drastischen landschaftsveränderten Maßnahme rund um Burra führte. 1877 wurde die Mine geschlossen, da sie nicht mehr profitabel war. Zwischen 1971 und 1981 wurde die Mine noch einmal wiedereröffnet, da nun die Verfahren zur Gewinnung von Kupfer andere waren.

Ebenso „burra burra“ war für uns die Entdeckung des örtlichen Schwimmbades, das uns – kaum genutzt durch Einheimische – eine wunderbare Erfrischung brachte. Die Übernachtung auf dem örtlichen Showground war schließlich sehr ruhig und angenehm. 

Der weitere Weg führte durch weite landwirtschaftliche Gebiete, in denen bis zur Goyder Linie Getreide angebaut wurde. George Goyder hat ganz Südaustralien bereist und anhand örtlicher Pflanzen festgestellt, wie viel Wasser zur Verfügung steht und mit dieser Information umgerechnet, bis wohin Landwirtschaft in Form von Getreideanbau durchgeführt werden kann. Nördlich dieser Linie ist zu wenig Wasser dazu da und es lohnt sich nur noch die Viehzucht mit Schafen und Rindern. Dies hat vor 150 Jahren die Regierung Südaustraliens in der Planung der Besiedlung und Nahrungsmittelversorgung ein großes Stück weiter gebracht. Auch heute noch ist die Linie von Belang. Einen direkten Einfluss hatte diese Überlegung auf eine deutschstämmige Familie, die einen Claim im heutigen Peterborough gekauft hatte. 

Peterborough – ein Ort nach deutschen Vorfahren, ohne den Namen Peter benannt

Die beiden Deutschen, die vor den Untersuchungen von George Goyder Claims entlang der heutigen Hauptstraße gekauft hatten, mussten feststellen, dass ihr Land im Prinzip für die Landwirtschaft wertlos war, weil es oberhalb der Goyder Linie lag und es wenig regnete. Allerdings fanden sie dort in der Tiefe Wasser und bauten Brunnen, was letztendlich zu der Entscheidung der Railway Company führte, exakt dort eine Kreuzung zweier Bahnlinien zu bauen. Dies führte zu einer rasanten Entwicklung des Ortes. Es wurden dort in Hochzeiten bis zu 100 Lokomotiven pro Tag mit Wasser betankt und gewartet. Es entwickelten sich alle möglichen Gewerbe, die einen Platz suchten. Landwirtschaftlich wertlos, aber durch die Bahn aufgewertet, teilten die beiden Deutschen ihren Claim in kleine Abschnitte entlang der Hauptstraße und verkauften sie für viel Geld an die neuen Siedler, Handwerker, Kaufleute etc.. Ein australisches Siedlermärchen. Keiner von beiden hieß allerdings Peter. Der Name kam vom Schwiegervater des einen, dem ein Teil des Claims quasi als Brautgeschenk überschrieben wurde.

Ikara-Flinders Range Nationalpark – das Aushängeschild SAs

Hier umschließt eine Gebirgskette einen riesigen Amphitheater gleichen Talkessel (8 km mal 4 km Ausdehnung), in dem sich Wilpena Pond befindet. Unterhalb hoher Eukalypthusbäume haben wir bei 40°C unser Lager aufgeschlagen, gut ausgestattet mit zusätzlichen 10 Litern Trinkwasser, für das der Campingplatzbetreiber für seine Gäste sorgt. Nach einer Abkühlung im Pool und einem leckeren Abendessen in der Bar – Baramundi für Jule, Kängurufilet für Ulli und  Fish and Chips für Noah –,sind wir zum atemberaubenden Sonnenuntergang auf den Stokes Hill Lookout gefahren. Zur Abenddämmerung lassen sich Wildtiere bevorzugt beobachten, so begleiteten unseren Weg Kängurus und Emus. 

Der Rückweg zog sich bei gefühlt 20 km/h etwas lange hin, da wir aus Sorge ein Tier zu überfahren vorsichtig unterwegs sind, eigentlich fahren wir aus diesem Grund zu Beginn der Dämmerung nicht mehr.

Durch die prächtige Gebirgslandschaft mitten hindurch führten uns am nächsten Tag zwei Scenic Drives, deren Wege sich am Talgrund der Bunyero und der Brachina Gorge entlangschlängeln. Dort wo sonst Wasser fließt, mühten wir unseren Truck über die Geröllfelder. Aber es hat sich gelohnt, zum Einen die Ausblicke auf die umliegenden Berge der Flinders Range, zum Anderen die farbintensiven Steilwände der Schluchten, und dazu ist der 20 km Track durch die Brachina Gorge eine Reise durch 150 Mio. Jahre geologische Entstehungsgeschichte. Die ursprünglich horizontal aufeinander liegenden Gesteinsschichten stehen nun durch Auffaltungsprozesse nahezu vertikal, sodass man durch einen Querschnitt der geologischen Geschichte der Flinders Range fährt. 

Am späten Nachmittag erreichten wir die Alpana Station, eine große Farm für Merinowolleproduktion in der mittlerweile 6. Generation. Der Vater des jetzigen Besitzers hat erkannt, dass in Zukunft die Wolleproduktion – die hier von der Henery-Familie seit 1878 betreiben wird–, alleine nicht reichen wird und die Station für Touristen zur Übernachtung geöffnet, Stellplätze für unterschiedliche Bedürfnisse gebaut und ein paar schöne Wege zum Beispiel zu einem Sunset Lookout angelegt. Außerdem hat die Familie immer Land dazu gekauft, sodass sie ein Bushcamp mit dem Gefühl anlegen konnte weit draussen zu sein. Wir haben im Hinblick auf den anschließend kommenden Odnadatta Track den puren Luxus gebucht. Einen Stellplatz mit eigenem Bad. Das war schön, aber der eigentliche Luxus bestand darin, dass die Besitzer uns in der Nebensaison als einzigen Gäste aufgenommen haben. Nebensaison heißt hier heiße Saison mit Temperaturen um 40°C. Und in diesem Luxus stellten wir unsere Stühle mitten aufs Feld mit Blickrichtung Westen und haben zuerst einen wunderschönen Sonnenuntergang hinter der Flinders Range und dann ohne jegliches Licht einen Sternenhimmel vom Feinsten sogar mit Überflug durch die ISS genossen. Heute konnte man zusätzlich drei Planeten auf einmal am Himmel sehen: Venus, Jupiter und Mars.

„Der Track“ – große Ankündigungen, (diesmal) ganz harmlos

Als umsichtige Menschen, die mit Kind reisen, haben uns das Wort Track einerseits, die Entfernung bis zur nächsten Versorgungsmöglichkeit andererseits, die Temperaturen und schließlich das Schild an der Zufahrt, dass wir uns nun wirklich in eine „remote area“ hineinbewegen und dass wir bei einer Panne auf gar keinen Fall das Auto verlassen sollten doch ein flaues Gefühl in der Magengegend verursacht. Wie aber gesagt, waren wir gut vorbereitet. Die Bedingungen auf dem Track waren schließlich so gut, dass man alleine mit der Tatsache klar kommen musste, das einzige Gefährt und die einzigen Menschen im Umkreis von mehreren hundert Kilometern zu sein. Bei uns hat das dann zu einem Gefühl von Freiheit geführt, sodass wir den Track genießen konnten. Etwas verrückt kam uns dann der Besuch des Rangers am Abend auf der Campsite in Coward Springs vor, der mit dem Fahrrad unterwegs war und uns nach unserem Befinden fragte.

Coward Springs liegt mitten in der Wüste an einer artesischen Brunnenoase, die aus dem großen artesischen Becken gespeist wird. Das Great Artesian Basin liegt unter 22 Prozent der Gesamtfläche Australiens und ist eines der größten Grundwasserbecken der Welt. Die Grundwasserleiter des Beckens können bis zu 3.000 Meter tief sein. Da sich das Wasser mit nur ein bis drei Metern pro Jahr seitlich durch das Becken bewegt, kann man davon ausgehen, dass es bis zu zwei Millionen Jahre alt ist.

In diesem Wasservorkommen liegt auch die Erklärung, wie eine Eisenbahnstrecke im 19. Jahrhundert, die enorm viel Wasser für die Dampfkessel braucht, quer durch Australien betrieben werden konnte. Während wir den Odnadatta Track befuhren, begleitete uns die alte Eisenbahnstrecke und ihre Relikte, wie die großen alten Wassertanks, aus denen die Lokomotiven betankt wurden und alte aufgegebenen Servicestationen und Bahnhöfe. 

Coward Springs ist von seinen Besitzern heute als kleine Bilderbuchoase hergerichtet. In der Quelle darf man baden und sich nach der staubigen und heißen Fahrt abkühlen. Das Gelände ist durch Dattelpalmen und anderes Buschwerk in kleine Campingparzellen zerteilt. Die Datteln werden geerntet und zu Süßspeisen verarbeitet und samt Kaffee an die vorbeikommenden Touristen verkauft. Sehr kreativ waren auch die Toiletten- und Duschhäuser gestaltet. Nachts konnten wir beobachten, wie viele Insekten unterwegs sind, wenn man aus ökologischen Überlegungen nichts gegen sie unternimmt. Kakerlaken in jeder Größe kennen wir ja auch aus südlichen Ländern in Europa. Im Schein unserer Stirnlampen – muss man nutzen, wenn man nachts nicht auf eine Schlange treten möchte – sahen wir kleine reflektierende Lichter. Genau hingeschaut waren es immer zwei. Es stellte sich heraus,  dass es die Augen von etwa Handteller großen Spinnen waren, die sich beim Näherkommen Sand über die Augen schaufelten und damit verschwanden. Am Ende wussten wir gar nicht, wo wir hintreten sollten, so viele waren es. Am Liebsten wären wir noch länger geblieben, hätte da nicht in William Creek am nächsten Morgen ein neues Abenteuer an den Painted Hills auf uns gewartet. 

Allzeit gute Reise!