Natural wonders, four wheel drive, waterways and tasty wines.
Der Southern Ocean Drive
Nach Verlassen der Great Ocean Road wechseln wir auch sehr rasch den Bundesstaat und erreichten nach den üblichen Quarantäne-Maßnahmen für Lebensmittel als ersten Ort Südaustraliens Mt Gambier.
Dort sahen wir überraschenderweise unmittelbar am Blue Lake, einem tiefblauen Kratersee, der die ganze Stadt mit Wasser versorgt, ein Schild, auf dem der Southern Ocean Drive angekündigt wurde, der die Küste entlang über die Fleurieu-Halbinsel bis Adelaide führte. Also genau entlang unserer Route. Wie es sich dann herausstellte, stand er der Great Ocean Road in nichts nach. Der einzige Unterschied: Es waren kaum Touristen da.
Von Mt Gambier führte uns die Route durch weitläufige angebaute Kiefernwälder über Tantanoola – dessen Berühmtheit im örtlichen Hotel, benannt nach dem „Tantanoola Tiger“, liegt – wieder an die Küste nach Southend, einem sehr verträumten Ort mit einem General Store, der die wichtigsten Dinge wie Chips, Bier, Nudeln, Angelsachen und 4WD Zubehör verkaufte, aber nicht unsere Gemüsevorräte wieder auffüllen konnte. Der Ort hatte allerdings ein Bushcamp unmittelbar an der Düne, von der wir das Meer und auch den australischen Volkssport – Strandfahren mit allen möglichen Gefährten bewundern konnten. Von Motorrad war über Bus, Trecker bis hochgerüstetem 4WD alles dabei, was brummt. Wir haben das dann neben verschiedenen anderen Lieblingsbeschäftigungen der Australier – wie Feuer machen, BBQ, Angeln, 4WD-Tracks fahren – „Hauptsache, es brummt“ genannt.
Ein paar Tage später sind wir dann zum Üben auch einmal auf einen Strand gefahren, was goldrichtig war, da wir dabei unsere Sandausrüstung noch einmal sehr kritisch unter die Lupe genommen haben und zum Schluss gekommen sind, einen 4WD-Outfitter in Adelaide zu buchen. Das wichtigste beim Sandfahren – nicht nur am Strand, auch überraschend im Outback, ist eine sichere Möglichkeit zu haben, Luft aus den Reifen zu lassen und sie wieder aufzupumpen. Unsere Möglichkeiten waren zwar vorhanden, aber altersschwach und daher eher begrenzt sicher.
Coorong Nationalpark
Der Coorong Nationalpark hat uns auf unsere ersten Meter auf echten Tracks geführt. Dies wurde durch Aussichtspunkte auf riesige Pelikankolonien und einsame Campingspots mit einem unglaublichen Sternenhimmel über uns belohnt. Neben der beeindruckenden Landschaft im Coorong Nationalpark, gelegen an einer riesigen Lagune, die durch eine Sanddüne vom Meer abgegrenzt wird und dadurch über sehr große Salzwiese und zum Teil gefüllte und ausgetrocknete Salzseen verfügt, gab es hier abgeschieden auch ein Stück australischer Geschichte zu erfahren.
So landeten hier an der Küste, 800 km von den „Goldmountains“ in Victoria entfernt, chinesische Einwanderer um sich zu Fuß auf den beschwerlichen Weg quer durch ein Wüstengebiet zu machen um ihr Glück in den Goldminen zu finden. Das alles um die damals hohen „Eintrittsgebühren“ nach Victoria zu umgehen. Als Relikte blieben Brunnen zurück, die zur Versorgung der 16.500 Menschen gegraben und dann mit Sandstein präzise ausgekleidet und abgedeckt wurden. Dazu wurde die oberste verhärtete Kalksteinschicht in Form geschnitten bzw. geritzt und dann von der lockeren unteren Sandschicht abgehoben. Ein Brunnendeckel wog dann immer noch um die 1100 kg und musste transportiert und auf einen Brunnen gehoben werden. Eine geologische wie bautechnische Meisterleistung. Nur zur Erinnerung, das war nicht das eigentliche Ziel, sondern die Goldminen 800 km weiter entfernt in Victoria.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Wasser dann mit Windmühlen gefördert, so wie wir es in Europa zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln kennen. Wir konnten eine noch funktionsfähige Anlage beobachten, die heute in ein Wasserloch pumpt. Die anliegenden Tröge waren für grössere Mengen Vieh geplant. In der Nähe der Pumpen hörten wir dann Geräusche, die wir zunächst den Pumpen zuordneten, bis wir entdeckten, dass sie aus dem nahen sumpfigen Busch kamen. Es müssen Frösche oder Kröten gewesen sein. Hört selber:
An einem Cafetrailer am Wegesrand mitten im Nationalpark bei Salt Creek, entdeckten wir eine alte Ölförderanlage. Tatsächlich wurde hier 1866 ölhaltiges Gestein gefunden, das die Menschen hier als Brennstoff für Lampen nutzten. Dann wurde versucht seit 1960 dieses Öl industriell zu fördern. Allerdings ergaben die Tests, dass das Gestein nach der Raffinadeprozess eine zu schlechte Qualität hatte. Bis zur Entscheidung, dass sich der Abbau nicht lohnt, haben sich allerdings mehrere größere Firmen beteiligt.
Fleurieu-Peninsula
Unser Weg, denn wir bewusst über kleine Nebenstraßen wählten, um in unserem eigenen Tempo zu fahren und natürlich auch mehr mitzubekommen als auf dem Highway, führte uns dann quer über die Fleurieu-Peninsula mit den beiden größten Seen Südaustraliens, dem Lake Albert und dem Lake Alexandrina, der so groß ist, dass er über einen Binnenseeleuchtturm verfügt. Diese Seen werden über den Murray River gespeist und müssen mehrfach gequert werden. Tut man dies nicht über die Hauptrouten und die Murray Bridge, dann gibt es kleine Fähren, die ihre Passagiere im Pendelverkehr 24/7 über den Fluss bringen. In Point Malcom und Tailem Bend haben wir dann mit diesen kleinen Fähren übergesetzt. Solche Nebenwege und ihre kleineren Ortschaften sind zumeist viel interessanter, unterhaltsamer und verfügen über die meist leckereren Lunchstopps, so der General Store in Langhorn Creek: Während Noah sich auf dem Spielplatz an der Schule austobte, wurden unsere Burger zubereitet und wir konnten im Schatten bei beschaulicher Kulisse verweilen. Der kleine Ort liegt im drittgrößten Anbaugebiet für Wein in Südaustralien mit den ältesten dokumentierten Reben für Cabernet Sauvignon weltweit. Überall werden lokale Weinproben für die berühmten Cabernet Sauvignon und Shirazweine angeboten.
Großraum Adelaide
Unser Termin bei 4×4 Adelaide zeigte die vermuteten Mängel und wir bekamen einen Termin etwa eine Woche später, sodass wir uns in Ruhe in Adelaide und Umgebung umschauen konnten.
West Beach & Glenelg. West Beach, neben Glenelg und anderen Stadtteilen ein beliebtes Wohnviertel am Strand mit seinem Big4 Caravanpark, bot eine gute Gelegenheit dazu. Der nahe liegende Flughafen Adelaide störte überraschender Weise nicht sehr. Vielmehr bietet der Big 4 eine Welt für sich, in die sich die Australier aus Adelaide und Umgebung am Wochenende begeben, aus der man sich dank Strand, Kiosk, Bistro, Schwimmbad, Spielplatz und vielen anderen Vergnügungen wie (Mini-)Golf und Klettertürmen nicht heraus begeben muss.
Völlig unverständlich war somit für die Dame an der Rezeption, dass wir mit den Öffentlichen und zu Fuß in die Stadt fahren wollten. Auch wenn Sie als „Local“ davon keine Ahnung hatte, klappte das ähnlich wie in Sydney erstaunlich gut!
So brachten uns Bus und Bahn in das Zentrum von Adelaide zu den Central Markets. Eine riesige Halle beschäftigt sich ausschließlich mit multikulturellem Essen und Trinken, produziert rund um Adelaide und in South Australia. 9 Millionen Besucher pro Jahr zeigen die Bedeutung dieser Markthallen. Wir erkundeten die Produktpalette und ließen uns dann mit einem Shashuka an einem Marokkanischen Stand verwöhnen. Frisch gestärkt durchwanderten wir dann den Central Business District mit Hochhäusern unmittelbar neben viktorianischen Prachtbauten, am Regierungssitz und der Uni vorbei zum River Torrens. Der Fluss ist umgeben von vielen Parks und stellt die grüne Oase der Millionenstadt dar. In der Nähe des schönen botanischen Gartens leben mitten in der Stadt Flughunde, die sich lautstark bei Temperaturen bis fast 40 Grad Luft zu fächerten.
Dann wurde es auch uns zu heiss, sodass wir beschlossen den nächsten Tag ausschließlich am und im Wasser zu verbringen. Der Glenelg Beach Club lud dazu gerade ein und servierte dazu noch leckeres Essen und kühle Drinks. Nach Glenelg fährt eine direkte Straßenbahnlinie aus dem Zentrum ans Meer, das Stadtpublikum hat den Strand ebenso genossen wie wir.
Port Adelaide. Der Weg nach Port Adelaide führte uns in ein Gebiet, das erneut eine deutlich sichtbare Veränderung durchmacht. Während der Einwanderung als natürlicher Hafen genutzt und massiv ausgebaut war Port Adelaide das Tor zur Welt für Waren und die vielen Einwandererschiffe, die in erster Linie aus Grossbritannien und China, aber auch aus Deutschland kamen. Heute ist die alte Mole ein sehr beschaulicher Ort mit neuen Wohnungen und erst wenigen Restaurants. Die Australian Maritime & Fisheries Academy hat dort mit dem Wahlspruch „Experientia docet“ ein modernes Hörsaalgebäude und die großen ehemaligen Getreidemühlen sind zu historischen Bauten geworden und einem Spielplatz nicht nur für Kinder gewichen. Der Wahlspruch passt auch gut zu unserer Lernkurve beim Fahren von unsealed roads und Tracks.
Die Umgebung von Port Adelaide, mehrere Festland nahe Inseln im Gulf Saint Vincent, ist zum Teil ursprüngliches Land, das inzwischen unter Schutz steht, zum anderen Teil weitläufiges Industriegelände. Dies erklärt, warum mitten im gefühlten Nichts plötzlich Leute im Anzug oder Kostüm spazieren gehen. Das Nichts ist gefüllt mit Sümpfen, Mangroven und beheimatet einerseits alte Schiffswracks, andererseits kommen Delfine zur Geburt ihrer Jungen in das ruhige Gewässer. Ursprünglich hatten wir eine Kayaktour gebucht, die uns vor Ort entgegen vorheriger Aussagen am Telefon unter Hinweis auf das Alter von Noah verwehrt wurde. So haben wir die Tiere und Schiffswracks mit vielen Umwegen auch von Land erspäht. Dabei entdeckten wir ein Mahnmahl über einen Vorgang, der in Deutschland keinem bewusst ist. Deutsche, die aus unterschiedlichen Gründen im Land waren – als Besatzung auf Handelsschiffen, als Besucher, als Ausgewanderte, von der britischen Regierung aus dem süd-ost-pazifischen Raum hierher deportiert – wurden im ersten Weltkrieg in Australien vorübergehend in concentration camps interniert. Das Mahnmal zeugt m.E. von einer guten Aufarbeitung der Geschichte.
Wilunga Beach & Moana Beach. Nach ein paar Tagen und schönen Abenden im Gespräch mit deutschen Nachbarn war der Platz in West Beach ausgebucht und wir sind die Küste noch einmal einige Kilometer zurückgefahren. Moana Beach wurde für die nächsten Tage zur Überbrückung der Wartezeit und zur Vorbereitung aufs Outback unsere Heimat. Das Wasser lud zum Surfen und die Umgebung zur Erkundung ein. In unmittelbarer Nachbarschaft entdeckten wir ein Stück Küste, das mit Recht in keiner Beschreibung der Fleurieu Halbinsel fehlt. Wilunga Beach – ein weiter Strand mit weißem Sand, türkisblauem Wasser, in der Steilküste Höhlen, in denen Fischer früher ihre Boote verstauten, damit sie nicht von den Gezeiten davon gespült werden konnten. Der phantastische Blick von der Steilküste hatte uns schon auf dem Hinweg nach Adelaide in seinen Bann gezogen. Der erste Gedanke war: hier bleiben wir. Wir sind nicht geblieben, aber wieder gekommen.
Holden Hill – upgrading the Truck. Endlich war der Tag gekommen unseren Truck in die Werkstatt zu bringen. Wir haben ihn mit einem neuen Kompressor für die Reifen ausrüsten und unsere Notfallracks aufs Dach montieren lassen. Zum Inflator (Kompressor) gehört auch ein Deflator um die Luft aus den Reifen lassen zu können. Auch hier war der alte nicht mehr sicher zu gebrauchen, da er nicht mehr an ein Manometer angeschlossen werden konnte. Ein Notfallset um einen Reifen zu flicken kam noch dazu. Leider fehlte für die maximale Ausrüstung mit einer elektrischen Winch ein Blech an unserer Bullbar, das der Vorbesitzer vergessen hat zu montieren. Neue Ersatzkanister für Diesel aus Metall inkluisve zusätzlicher Befestigung und ein Satelitenkommunikationssystem – Starlink – hatten wir uns schon früher gekauft. Ausserdem haben wir uns eine Katastrophen App – SA Alert – heruntergeladen, in der über alle Buschfeuer informiert wird. So konnten wir dann nach Auffüllen von Sprit, Wasser und Lebensmittel ins Outback, nicht zu Unrecht als remote area bezeichnet, starten.
Barossa Valley. Die Wartezeit haben wir mit einem Besuch im örtlichen Medical Centre – bei aller Vorbereitung haben wir Erwachsenen eine Tetanusauffrischungsimpfung in Deutschland vergessen – und einer Tour im gestellten Mietwagen ins Barossa Valley, auch eine berühmte Weingegend, überbrückt. Der Einblick in die Arbeitsweise im Med Centre war für mich wie ein Rückblick in meine Zeit in London und die Versorgung unserer englischen Patienten zuhause. Das britische System ist Commonwealth weit verbreitet.
Die Adelaide Hills und das Barossa Valley sind Siedlungsgebiete deutscher Einwanderer, die als Protestanten aus religiösen Gründen ausgewandert sind und begonnen haben Wein anzubauen. Hier finden sich Städtenamen wie Hahndorf oder Lobethal und damit auch deutsche Folklore, oder das was dafür gehalten wird – Lederhosen, Bier und Wurst. Den Stand für Deutsche Mettwurst haben wir schon in den Central Markets in Adelaide gefunden.
Allerdings ist das Barossa Valley weniger folkloristisch als die Adelaide Hills und lädt zu einem Scenic Drive durch die Weinberge mit Palmen und überall zu Weinproben mit kalten Platten ein. Wir fanden mit dem Weingut Whistler einen schönen schattigen Platz auf der Wiese mit Kängurus und haben uns die kalte Platte und eine Weinprobe schmecken lassen. Vom weißen Fruit Tingle über den Atypical Shiraz, den Estate Shiraz Cabernet mit Eukalypthusnoten bis zum schweren Estate Cabernet Sauvignon absolut empfehlenswert! So landeten ein paar Flaschen in unserem Kofferraum und wir können uns den Einkauf im bottleshop – neben Bars die einzige Möglichkeit in Australien alkoholhaltige Getränke zu erwerben – jetzt für eine Weile sparen. Aufgrund des hohen Alkoholmissbrauchs in den Aboriginal Communities, ist der Erwerb und Verzehr von Alkohol in Australien streng überwacht. Zum Einen ist der Erwerb durch die bottleshops geregelt – Alkohol ist also kein „Mitnahmeartikel“ wie bei uns im Supermarkt, zum Anderen gibt es in vielen Städten oder auch an Stränden dry zones, in denen Alkohol zu bestimmten Uhrzeiten oder auch gar nicht öffentlich verzehrt werden darf.
Allzeit gute Reise!